Stimmen, Feuer, Hunger und Alarm
Schon Anna Aaron's erste EP «I’ll Dry Your Tears Little Murderer» von
2009 versprach weder weisse Weihnacht, noch ein gutes Neues Jahr. Auf
dem Cover kauert sie am Fluss und wäscht sorgsam ein blutiges Messer
rein. 2011 veröffentlicht sie die Single King of the Dogs und später im
selben Jahr das Album «Dogs in Spirit». Was folgt nach der Veröffentlichung
eines Albums, das mit Kavallerie und Armeen jongliert?
Anna's schlichte Antwort: «Einfach weiter arbeiten.» Während «Dogs in
Spirit» in einer Wüste und vor einem in heiligem Rauch gehüllten Berg
spielte, bewegt sich ihr Interesse nun in Richtung ihres realen Umfeldes:
Dem Urbanen und Technologischen.
In zwölf Liedern trat Anna vor ihre neugeschaffene Situation und wandte
sich an den britischen Produzenten und Musiker David Kosten, der
Produzent von Alben von Bat For Lashes und Everything Everything.
Seine Reaktion auf die Demoaufnahmen übertraf alle Erwartungen. Drei
Monate später gaben sich Kosten und Aaron über einem fertigen Album
ein Highfive.
Das in der Zusammenarbeit mit Kosten und den britischen Musikern Ben
Christophers (Bat For Lashes) und Jason Cooper (The Cure) entstandene
Werk ist sowohl Multiplizierung wie Verfeinerung des vorherigen. Die
Protagonistin spielt nun mit deutlich mehr Räumen, Spiegelungen,
Brechungen und plötzlichen Verwandlungen.
«Set a fire, set my heart, hit me like alarm.» Anna’s Stimme und ihr Piano
entblättern nach und nach den ersten Song – zart, melancholisch und
überirdisch. «Heathen», deutsch: heidnisch. Und unchristlich, ungläubig
und unglaublich sind ihre mit Sternenstaub übersäten, unerwartet
unterschwelligen Rockismen und Blues-Schemas.
Als Kind zwischen sechs und neun ist Anna Aaron in England und
asiatischen Grossstädten aufgewachsen. Davon blieben vor allem Bilder.
Und sie münden in eine Vermutung: Die auffällig aufschwingenden, fast
sakralen Tonartwechsel, die man hierzulande selten oder gar nie antrifft,
dürften ein Relikt ihrer Kindheit sein. Anna Aaron trägt Fremdes in sich.
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